Was der Fiskus wissen könnte
Auf welche Informationen hat das Finanzamt Zugriff? Und woher stammen diese Informationen? Dieser Artikel liefert einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Finanzverwaltung, um an steuerrelevante Informationen zu gelangen.
Dem Finanzamt liegen bereits standardmäßig einige Daten der Steuerpflichtigen automatisiert vor. Dies betrifft insbesondere die Daten der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung, die Kirchenzugehörigkeit, Lohnersatzleistungen, Rentenbezüge, gezahlte Beiträge an private Krankenversicherungen, die Höhe des in Anspruch genommenen Sparerpauschbetrags, Meldedaten, Familienstand, vorhandene Kinder unter 18 Jahren sowie Einzahlungen in Riester- und Rürup-Verträge. Doch auch über die e-Steuerdaten hinaus, hat das Finanzamt Zugriff auf weitere Informationen.
Notare geben Informationen weiter
Wenn eine Beurkundung durch einen Notar erfolgt, ist dieser oftmals dazu verpflichtet, den Rechtsvorgang beim Finanzamt anzuzeigen. Dies betrifft insbesondere Rechtsvorgänge, die inländische Grundstücke betreffen, für die Festsetzung einer Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer von Bedeutung sein können oder sich auf Anteile an Kapitalgesellschaften beziehen. Eine Anzeigepflicht besteht auch dann, wenn es sich um Treuhandvereinbarungen handelt.
Kontrollmitteilungen bei Betriebsprüfungen
Bei Betriebsprüfungen werden häufig Rechnungskopien oder ganze Datensätze, die das geprüfte Unternehmen als Betriebsausgabe geltend gemacht hat, an die zuständige Stelle des Finanzamts des leistenden Unternehmers versendet. Beim leistenden Unternehmer wird dann oftmals ebenfalls im Rahmen einer Betriebsprüfung ein Blick darauf geworfen, ob die Rechnungen ordnungsgemäß erklärt wurden. Im Fokus von Kontrollmitteilungen stehen insbesondere auffällige Rechnungen oder Geschäftsvorfälle sowie Rechnungen über Barzahlungen. Sie werden teilweise auch bei gewöhnlichen Vorgängen versendet, um die zutreffende steuerliche Behandlung beim leistenden Unternehmer zu gewährleisten. Sobald eine Ausgangsrechnung geschrieben wird, könnte diese demnach mittelfristig dem Finanzamt vorliegen.
Auskunftsersuchen an Dritte
Die Finanzverwaltung hat unter bestimmten Voraussetzungen durch ein sogenanntes Auskunftsersuchen die Möglichkeit, erforderliche Auskünfte bei Dritten einzuholen. Eine besondere Form stellt ein Sammelauskunftsersuchen dar. Dadurch können Daten zu einer Vielzahl von Betroffenen erhoben werden. Sammelauskunftsersuchen sind dadurch gekennzeichnet, dass von einer zentralen Auskunftsperson zu einer Vielzahl von gleichgelagerten Sachverhalten und Betroffenen Auskunft verlangt wird. Aufgrund des Interesses der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen, ist die grundsätzliche Zulässigkeit von Sammelauskunftsversuchen in der Rechtsprechung anerkannt. Beispielsweise hat die Steuerfahndung Hamburg im Jahr 2020 durch ein Auskunftsersuchen erreicht, dass ihr die Daten von Vermietern von Ferienunterkünften, die auf einem Vermittlungsportal inseriert haben, von dem Vermittlerportal zur Verfügung gestellt wurden. Im Juni 2023 wurde bekannt, dass das Bundesland Nordrhein-Westfalen Daten einer Krypto-Handelsplattform erhalten hat.
Private und betriebliche Accounts werden durchforstet
Eigentlich rechnet man nicht unbedingt damit, dass das Finanzamt die privaten und betrieblichen Social-Media-Accounts durchforstet. Sollte man aber! Die Finanzverwaltung macht sich regelmäßig die im Internet zugänglichen Informationen der Unternehmenswebsite oder der eigenen Social-Media-Accounts zunutze, gegebenenfalls auch die der Familienangehörigen oder Bekannten. Es gibt beispielsweise Fälle, in denen die rein betriebliche Nutzung eines Wirtschaftsguts (beispielsweise eines Autos) durch die Veröffentlichung von Bildern, aus denen dessen private Nutzung erkennbar ist, widerlegt werden konnte. In einer Kurzinformation vom 7. Juni 2019 hat die Oberfinanzdirektion NRW die Auffassung vertreten, es sei legitim, dass Prüfer auch anonym oder pseudonymisiert per Freundschafts- oder Kontaktanfrage mit Steuerpflichtigen in Verbindung treten. Diese Kurzinformation wurde zwar wieder aufgehoben, sensibilisiert jedoch trotzdem hinsichtlich des Umgangs mit Social Media.
Automatisierter Informationsaustausch über Finanzkonten
Beim automatischen Informationsaustausch (AIA) handelt es sich um eine von der OECD entwickelte weltweite Initiative zur Verhinderung der Steuerhinterziehung. Im Rahmen des AIA sind Banken dazu verpflichtet, ihre Kunden zu identifizieren, einzustufen und gegebenenfalls deren Informationen zu Einkünften und Vermögen an die lokale Steuerbehörde zu melden. Die lokalen Steuerbehörden geben diese Informationen an die Steuerbehörde im Land der steuerlichen Ansässigkeit des Kunden weiter. Die finale Staatenaustauschliste des Jahres 2023 umfasst 108 Staaten.
Meldepflichten von Betreibern digitaler Plattformen
Seit dem 1. Januar 2023 ist das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) anzuwenden. Dadurch werden Betreiber digitaler Plattformen dazu verpflichtet, den europäischen Steuerbehörden Informationen über Transaktionen ihrer registrierten Verkäufer offenzulegen. Der erste Meldetermin für den Meldezeitraum des Jahres 2023 ist der 31. Januar 2024.
Bald Informationsaustausch über Krypto-Vermögenswerte
Am 16. Mai 2023 erzielte der Rat der EU eine Einigung darüber, die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf den Informationsaustausch über Krypto-Vermögenswerte (etwa Bitcoin) sowie auf grenzüberschreitende Steuervorbescheide für natürliche Personen auszuweiten. Nach der finalen Umsetzung auf EU- und nationaler Ebene werden Anbieter von Krypto-Dienstleistungen dazu verpflichtet, den Finanzbehörden Transaktionen ihrer in der EU ansässigen Kunden zu melden.
Anzeigen beim Finanzamt
Anzeigen beim Finanzamt kommen häufiger vor, als man vielleicht vermuten würde. Nur selten teilen die Anzeigenden ihre Identität mit. Meistens sind sie daran interessiert, anonym zu bleiben. Das Land Baden-Württemberg betreibt seit dem Jahr 2021 ein anonymes Hinweisgeberportal. Die Besonderheit bei diesem Portal im Vergleich zu herkömmlichen anonymen Anzeigen ist, dass die Steuerfahnder trotz Anonymität mit dem Hinweisgeber kommunizieren und dadurch an weitere Informationen gelangen können.
Besondere Befugnisse der Steuerfahndung
In Fällen, in denen die Steuerfahndung involviert ist, stehen den Beamten der Steuerfahndung besondere Befugnisse zur Informationsbeschaffung zu. Dazu zählen insbesondere die Vernehmung von Beschuldigten oder Zeugen oder gegebenenfalls eine Durchsuchung der Wohnung und der Geschäftsräume. Bei bandenmäßiger Steuerhinterziehung von mehr als 50.000 Euro darf auf richterliche Anordnung sogar die Kommunikation der Beteiligten überwacht werden.
Fazit
Die Informationsquellen der Finanzverwaltung sind aktuell bereits äußerst vielfältig und es ist zu beobachten, dass der Informationszugriff durch den Gesetzgeber auch stetig ausgebaut wird. Damit besteht auch verstärkt das Risiko der Aufdeckung bislang (versehentlich) nicht erklärter Einkünfte. Für bislang nicht besteuerte Einkünfte eröffnet der deutsche Gesetzgeber jedoch einen Ausweg: Durch Abgabe einer Selbstanzeige können bislang nicht erklärte Einkünfte mit strafbefreiender Wirkung nachgemeldet werden. Dies ist allerdings nur möglich, solange die Tat im Zeitpunkt der Berichtigung nicht ganz oder zum Teil bereits entdeckt war.
Author: Anthony Patterson
Last Updated: 1703100722
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